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Die Dankbarkeit des Seins: Konzert – Rezension
„Storybook“ - Christian Alexander Müller

09.01.2021 - Christian Alexander Müller - virtuelles Konzert „Storybook“ aus dem Theater und Konzerthaus Solingen

christian alexander mueller storybook 2021 01Wer glaubt, dass bei virtuellen Konzerten keine Nähe zwischen Publikum und Künstler entstehen kann, sollte mal bei „Storybook“ vorbeischauen.

Ende November 2020 wurde das Konzert im Theater und Konzerthaus Solingen im Rahmen der Reihe „Broadway Fieber“ aufgezeichnet, Streaming-Premiere feierte es am Neujahrstag. Christian Alexander Müller und Pianistin Patricia Martin nehmen ihr Publikum an den Monitoren zuhause mit auf eine stimmungsvolle Reise durch bekannte und weniger bekannte Musicals.

Großartiger Gesang

Beim „Storybook“-Streaming zeigt Christian Alexander Müller einmal mehr, dass er ein hervorragender Sänger ist. „Unexpressed“, eine Ballade des US-amerikanischen Songwriters John Bucchino, eröffnet das Programm. Von Anfang an glänzt Müller mit makelloser Stimme und sanften, fast schwebenden Tönen. Elegante Stimmführung und eine außergewöhnliche Leichtigkeit bis in die höchsten Tonlagen zeichnen seinen Gesangsstil aus.

christian alexander mueller storybook 2021 03

Da durchweg Balladen und ruhige Lieder ausgewählt wurden, bleibt auch die Konzertatmosphäre stets angenehm unaufgeregt – ein willkommener Ruhepol für Geist und Seele in diesen unruhigen Zeiten. Müller gibt in den Zwischenmoderationen nicht nur kurze Informationen zu manchen der Titel, sondern gewährt auch Einblicke in seine private Vergangenheit.

So erzählt er in bewegenden Worten vom viel zu frühen Tod seines Vaters. Lange habe es gedauert, so Christian Alexander Müller, bis er „Wenn ich sing“ tatsächlich singen konnte, ohne „in Tränen auszubrechen“. Das Lied aus dem Songzyklus „Closer Than Ever“ beschreibt die tiefe Bindung zwischen Vater und Sohn, die aus der gemeinsamen Liebe zur Musik entsteht, über den Tod hinaus andauert und dadurch eine „Dankbarkeit des Seins“ fühlbar macht. Wenn Müller nun mit geschlossenen Augen förmlich in der Musik versinkt, entsteht trotz der räumlichen Distanz ein starkes Gefühl der Gemeinschaft.

Mehr direkte Ansprache des Publikums, vielleicht öfter mal ein frontaler Blick in die Kamera, hätten dies noch intensiviert. Ansonsten sind Kameraführung und Schnitt gut umgesetzt. Der Blickwinkel wechselt ohne Hektik zwischen Close-ups und Ansichten des gesamten Settings, zeigt auch einmal auf die Klaviertasten und passt so sehr gut zur „Storybook“-Stimmung. Auch der Wald auf der LED-Wand fügt sich ins Gesamtbild.

Dankbar sein

„Music Of The Night“ fehlt dieses Mal, dafür ist das Musical „Les Misérables“ gleich mit zwei Titeln vertreten. „Bring ihn heim“ - wohl die meisten haben diesen Titel auch schon in Konzert- oder Theatersälen von Christian Alexander Müller gehört - ist einmal mehr ein gesanglicher Glanzpunkt.

christian alexander mueller storybook 2021 02Auch bei „Suddenly“ nimmt man durch Müllers ausdrucksstarke Mimik und authentische Darbietung Anteil an Jean Valjeans Gedanken. Das Lied wurde für die Musicalverfilmung mit Hugh Jackman neu geschriebenen, Christian Alexander Müller selbst hat den Text ausgesprochen gelungen ins Deutsche übertragen. Die Worte fügen sich perfekt an die Melodiebögen, er findet wunderschöne deutsche Formulierungen, die dennoch vom Gefühl und von der Art des Ausdrucks sehr dicht am englischen Original bleiben.

Wie schon der Opener stammt auch das letzte Lied des Abends aus der Feder von John Bucchino und umschließt so den gut einstündigen Querschnitt durch Christian Alexanders Musicalwelt: „Grateful“.

Dankbar sei er, so der Künstler, dieses Konzert trotz allem gemeinsam mit seinem Publikum erleben zu dürfen. Und mit besonderer Freude musiziere er erstmals mit Patricia Martin, deren sanfter Tastenanschlag den Gesang aufs Beste begleitet und ergänzt.

Christian Alexander Müllers Hingabe an die Musik überbrückt die Abstände zwischen Saal und Sofa. Nein, es ist nicht „das gleiche“ wie ein Livekonzert und egal, ob vor, auf oder hinter der Bühne – natürlich hofft man überall auf baldige Rückkehr zu Vor-Ort-Konzerterlebnissen. Doch Digitalkonzerte dieser Qualität bieten eine andere Chance, Musik zu erleben, auf andere Weise intensiv, vielleicht konzentrierter auf das eigene Erleben. Danke dafür.


Text: Sylke Wohlschiess

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Darstellerprofil Christian Alexander Müller, dort weitere links zu unseren Inhalten über den Künstler

Setlist

Titel Mehr Informationen rund um den Titel
Unexpressed In der Ballade „Unexpressed“ geht es um den sehnlichen Wunsch, denjenigen zu finden, dem man all' seine Liebe geben kann. Text und Musik stammen vom US-amerikanischen Songwriter John Bucchino, der auch im Musicalbereich arbeitet. Erstmals erschienen ist der Song im September 1999 in einer Interpretation von Patti LuPone. Bisher folgten sechs weitere Veröffentlichungen, u.a. auch auf dem Sampler „Grateful – The Songs of John Bucchino“, dort gesungen von Adam A. Guettel, der u.a. das Musical „The Light in the Piazza“ komponiert und getextet hat. Guettels Großvater war der Komponist Richard Rodgers.
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Dangling Wenn man verlassen wird, aber den anderen noch liebt, hat man oft das Gefühl, in der Luft zu hängen. Dies beschreibt Maury Yeston in seinem Song „Dangling“. Erstmals erschienen ist das Lied im Jahr 2003, auf der CD „The Maury Yeston Songbook“, interpretiert von Johnny Rodgers. 
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Grateful John Bucchino komponierte und textete das nachdenkliche Lied „Grateful“, in dem es um Dankbarkeit geht. Es ist im April 1996 auf Art Garfunkels Livealbum „Across America“ veröffentlich worden. Weitere Veröffentlichungen folgten, u.a. von Michael Feinstein auf dem Sampler Grateful – The Songs of John Bucchino“. 

 

 

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