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Zu Besuch bei Tina & Co.
Offene Probe bei „TINA - Das Tina Turner Musical“ in Stuttgart

21.02.2023 - „TINA - Das Tina Turner Musical“ - Musical über Tina Turners Leben und ihre Karriere - Offene Probe im Stage Apollo Theater Stuttgart

tina musical stuttgart probe 0316. Februar 2023 – Genau vier Wochen vor der Premiere gab es im Stage Apollo Theater einen direkten Einblick in die Arbeit von Kreativteam und Cast beim Besuch der offenen Probe von „TINA - Das Tina Turner Musical“, das 2018 am West End uraufgeführt wurde, 2019 in Hamburg Deutschlandpremiere feierte und ab März 2023 in Stuttgart zu sehen sein wird.

„TINA - Das Tina Turner Musical“ erzählt die Geschichte einer grandiosen Sängerin und starken Frau, die sich gegen Widerstände und Vorurteile behauptet, schlimmes persönliches Leid durchlebt und mit ihrer unvergleichlichen Stimme ein Stück Musikgeschichte geschrieben hat.

Tina Turner - Leben und Karriere

tina musical tina turner auditionTina Turner kommt am 26. November 1939 als Anna Mae Bullock zur Welt und wächst in Nutbush, Tennessee auf. Rassentrennung ist Alltag, in ihrer Familie Gewalt an der Tagesordnung. Nachdem die Mutter sich vom prügelnden Ehemann trennt, bleibt Anna Mae bei ihrer Großmutter. Zuflucht findet sie schon früh in der Musik. Anna Mae singt im Kirchenchor, bis sie als Jugendliche schließlich ihre Heimat verlässt und zu ihrer Schwester Alline und Mutter Zelma nach St. Louis zieht. Im Manhatten Club trifft Anna Mae auf Ike Turner, den Bandleader der „Kings of Rhythm“. Er erkennt ihr Potenzial, sie wird seine Backgroundsängerin, später auch seine Ehefrau.

Doch der herrische und selbstgefällige Ike Turner kommt nicht damit klar, dass Tina, wie Anna Mae nun genannt wird, mehr und mehr zum Star der Show avanciert. Er wird immer aggressiver, schlägt und quält sie. Die Ehe-Hölle dauert 16 Jahre. Dann fasst Tina Turner den Mut und die Kraft, Ike zu verlassen. Sie übernimmt alle Schulden, die durch die geplatzen Konzerte entstehen, ist finanziell und seelisch am Boden. Nur die Rechte am Namen Tina Turner und die Lizenzen für ihre Songs sind ihr geblieben. Doch aufgeben ist keine Option. 

Mit eiserner Disziplin hält sich Tina Turner über Wasser, gibt Konzerte in kleinen Locations. Nur langsam kommt ihre musikalische Karriere wieder ins Rollen. Doch ihre gesanglichen Leistungen überzeugen schließlich auch die Produzenten von Capitol Records. 1984 erscheint ihr erstes Soloalbum „Private Dancer“. Gleich die erste Singleauskopplung „What’s Love Got To Do With It“ erreicht Platz 1 in den Billboard-Charts. So startet Tina Turner mit Mitte 40 in eine beispiellose Solokarriere, jagt von Hit zu Hit, verkauft über 180 Millionen Tonträger und wird zu Recht als „Queen of Rock“ gefeiert.

„TINA - Das Tina Turner Musical“: Authentizität ist wichtig

„TINA - Das Tina Turner Musical“ ist die einzige von der Künstlerin und ihrem Ehemann Erwin Bach autorisierte Produktion. Das Musical ist eine biographische Reise durch die Höhen und Tiefen eines aufregenden Lebens, erzählt mit den Songs, die es prägten. Man spürt bei der Probe sofort, wie wichtig es allen Beteiligten ist, Tina Turners bewegende Lebensgeschichte mit der größtmöglichen Authentizität auf die Bühne zu bringen.

tina musical stuttgart probe 01Mit höchster Aufmerksamkeit und voller Energie sind alle Castmitglieder bei der Sache. Konzentriert setzen sie die Regieanweisungen von Katherine Hare (International Associate Director), Simone Mistry-Palmer (International Associate Choreographer) und Sebastian de Domenico (Associate Musical Supervisor) um, arbeiten unermüdlich an den Szenen, feilen an jedem Ton, jedem Schritt und jeder Geste.

Auch Michael Rohde, Head of PR Musicals & Shows, ist vor Ort und gibt als Einstieg einen kurzen Überblick. Wichtig zu wissen: „Die weiße Linie mit den Ziffern ist die Grenze“, erklärt er. Sie symbolisiert auf der Probenbühne den tatsächlichen Bühnenrand. Die Cast bleibt dahinter, die Presse davor. Nun kann es also losgehen.

„Proud Mary“: Schlüsselsong in Tina Turners Karriere

Die erste Probenszene führt kurz vor das Ende des 1. Akts, zu „Proud Mary“, einem der größten Erfolge des Duos Ike & Tina Turner, für den sie 1972 den Grammy für die beste R&B Performance erhielten. Für Tina sollten 11 weitere folgen, darunter 2018 auch der Grammy Lifetime Achievement Award. Die Originalversion stammt von der US-Band Creedence Clearwater Revival, deren Kopf John Fogerty den Song auch geschrieben hat.

In „Proud Mary“ versinnbildlicht der Mississippi das einfache, aber ruhige und selbstbestimmte Leben auf dem Fluss und dem Raddampfer namens Proud Mary, im Gegensatz zum weniger angenehmen Leben in der Stadt, das der Protagonist des Songs hinter sich gelassen hat. In einem früheren Interview mit Stage Entertainment beschreibt Tina Turner „Proud Mary“ als den Schlüsselsong ihrer Karriere, mit dem sie die Freiheit verbinde, ihren eigenen künstlerischen Weg zu beschreiten. So darf dieser im Musical natürlich nicht fehlen. Beginnend mit einem langsamen Intro nimmt der Song immer mehr Fahrt auf und endet in dynamischen Rhythmen, bei denen dann neben Hauptdarstellerin Aisata Blackman auch die Ikettes über die Probenbühne wirbeln.

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Von Nutbush nach St. Louis - auf High Heels in ein neues Leben

Die zweite Szene, die bei der offenen Probe eingeübt wird, spielt zu Beginn der Handlung.

tina musical stuttgart probe 09Anna Mae ist von Nutbush nach St. Louis gezogen, wo ihre drei Jahre ältere Schwester Alline mit Mutter Zelma lebt. Der Unterschied könnte größer fast nicht sein: Statt enger Konventionen und Beschränkungen auf vielen Gebieten des täglichen Lebens, lernt Anna Mae nun eine ganz andere Realität kennen.

Alline nimmt sie mit in den Manhatten Club, in dem sie arbeitet. Dort kann man natürlich nicht in flachen Schuhen und abgetragenem Mantel aufkreuzen. Die ersten Schritte auf High Heels sind noch arg wackelig, aber schon bald wirbelt Anna Mae mit den anderen jungen Frauen um die Wette.

tina musical stuttgart probe 10Auch wenn derzeit noch ohne Kostüm und Maske geprobt wird, ohne die High Heels funktioniert diese Szene natürlich nicht. Aisata Blackman bringt die Schuhe, während Choreographin Simone Mistry-Palmer mit Jahlisa Norton bespricht, wie der Einstieg in die Szene aussehen soll.

Bei den Schrittfolgen ist es Simone Mistry-Palmer sehr wichtig, Tina Turners unverkennbaren Tanzstil möglichst realistisch darzustellen, aber zugleich ihre Hauptdarstellerin nicht zur bloßen Kopie des Originals werden zu lassen. „Jede Bewegung folgt klarer Intention und hat eine ganz bestimmte Bedeutung“, so erklärt sie. Die Choreographie ist so konzipiert, dass diese Bedeutungen und die Emotionen ganz deutlich werden.

Wenn man sieht, mit wie viel Schwung und Körperspannung sich die Ikettes Naomi Dundas, Tatyana Gilbertson und Madina Frey gemeinsam mit Jahlisa Norton und Aisata Blackman zu „Shake Your Tailfeather“ bewegen, kann man sich schon anhand dieses ersten Eindrucks gut vorstellen, wie dynamisch und kraftvoll die Tanzszenen erst auf der ausgeleuchteten Bühne wirken werden.

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Ike Turner: Tina made his „Blood Run Cold“

tina musical stuttgart probe 19Weiter gehen Szene und Probe mit dem Auftritt von Ike Turner alias Carlos de Fries.

Im Manhatten Club ist er der umschwärmte Star, alle Mädchen himmeln ihn an: Ike Turner. Für seinen Auftritt braucht es eigentlich keinen, der die Stimmung zusätzlich anheizt, aber genau das ist die Aufgabe von Sacha Setubun. Katherine Hare und Simone Mistry-Palmer haben noch ein paar Tipps für den Job.

tina musical stuttgart probe 30Als Ike das von ihm geschriebene „She Made My Blood Run Cold“ performt, kocht die Stimmung im Saal immer weiter hoch. Während seines Auftritts fällt Ike eine junge Frau auf. Mit den Textzeilen „she made my blood run cold, sent cold chills all through my soul“ wirft er ihr tiefe Blicke zu. Ikes Publikum singt und klatscht mit und schließlich holt er Anna Mae auf die Bühne. Nach ein paar Takten vergisst sie ihre Schüchternheit und lässt sich ganz in die Musik fallen. Ike ist von ihrer Stimme völlig fasziniert.

Als die letzten Töne verklingen fragt Ike nach ihrem Namen. „Anna Mae“ antwortet sie jetzt wieder mit leiser Stimme. „Und wie alt bist Du?“ „17, Sir“.

Schon mit diesem kurzen Dialog zeigt sich, dass Carlos de Fries und Aisata Blackman nicht nur großartig singen, sondern auch im Schauspiel zu überzeugen wissen. Mit diesen wenigen Worten verdeutlichen de Fries und Blackman die ganze Diskrepanz zwischen der schillernden Welt des Ike Turner und dem braven Background der Anna Mae Bullock. Und fast nebenbei haben die beiden die Probenhalle innerhalb weniger Augenblicke in einen Nachtclub im St. Louis der 1950er Jahre verwandelt.

 

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Ike & Tina Turner

tina musical stuttgart probe 33Weniger glamourös geht es bei den Schwestern zu Hause zu. Mutter Zelma ist nicht gerade begeistert, als die beiden jungen Damen erst mitten in der Nacht zurück sind. Als sie dann noch hört, dass Anna Mae im Club gesungen hat, wird sie endgültig wütend. Die nächste Szene, die geprobt wird, spielt am Folgetag.

Alline und Anna Mae sind vor Überraschung total aus dem Häuschen, als sie aus dem Fenster schauen und Ike Turner vorfahren sehen. Mutter Zelma ist ebenfalls ganz schön nervös, was sie aber natürlich nicht zugibt.

Ike Turner gibt sich betont höflich: „Ich wäre ihnen dankbar, wenn ich ein paar Minuten ihrer Zeit beanspruchen dürfte“ säuselt er und Mrs. Bullock scheint einer Ohnmacht fast so nahe wie die Groupies im Club. Kim Sanders agiert in der Situation einfach herrlich. Als Carlos de Fries seine Charmeoffensive noch steigert, sich voll des Lobes über Anna Mae und ihre Stimme äußert und mit „sie kommt nach ganz ihnen“ noch einen drauflegt, kann Mutter Zelma nicht anders, als ihre Zustimmung zu Ikes Idee zu geben, ihre Tochter mit auf Tour zu nehmen. Natürlich nur, um zu singen, betont er, wohl wissend, dass ihm sein schlechter Ruf als Casanova vorauseilt.

tina musical stuttgart probe 34Letztlich geben die angekündigten 25 Dollar Wochenlohn und die Aussicht, dass Anna Mae als braves Kind davon sicher auch einen Teil heimschicken wird, den Ausschlag.

Mit diesen kleinen Schritten beginnt die musikalische Laufbahn der Frau, die Jahre später in Rio de Janeiro vor 188.000 Zuschauer auftritt, was ihr einen Eintrag ins Guiness Buch der Rekorde als Solokünstlerin mit dem größten Konzertpublikum beschert.

Tolle Probenatmosphäre

Bei den Proben fällt immer wieder auf, wie intensiv alle Beteiligten miteinander kommunizieren und aufeinander eingehen. Die Arbeitsatmosphäre wirkt ausgesprochen angenehm, alle sind auf den Punkt fokussiert, egal, wie oft eine Sequenz wiederholt wird. Wer aktuell nicht an der Reihe ist, sitzt am Rand, schaut den Kolleginnen und Kollegen zu und bleibt trotz eigener Pause bei der Sache.

tina musical stuttgart probe 35Es geht um exakte Abstimmung jedes noch so kleinen Details. Manchmal wirkt eine Geste gleich ganz anders, wenn die Position nur geringfügig verändert wird.

Ein anschauliches Beispiel: Jahlisa Norton in der Rolle der Alline ist völlig verwirrt, als Ike Turner plötzlich in ihrem Wohnzimmer steht und sie ihm auf Geheiß ihrer Mutter einen heißen Tee anbietet - Eistee hat Ike abgelehnt, etwas Heißes sei besser, damit „die Kehle geschmeidig bleibt.“ Die Slapstick der Szene wirkt viel besser, als Jahlisa Norton einen halben Meter weiter links steht, so die Arme besser ausstrecken, sich weiter Richtung Carlos beugen und in dieser Stellung verharren kann.

Eine besonders emotionale Szene wird zuletzt geprobt. Sebastian de Domenico erklärt den Kontext: „Tina hat ihren gewalttätigen Ehemann Ike endlich verlassen. Blutverschmiert und mittellos steht sie nur mit einem Nachthemd bekleidet am Straßenrand. Sie ist am absoluten Nullpunkt." Wie oft in Musicals beschreibt der Schluss des 1. Aktes einen Wendepunkt in der Geschichte. So auch bei „TINA - Das Tina Turner Musical“. Nach vielen Jahren der Demütigungen und Gewalttätigkeiten, die Tina von ihrem Ehemann erduldet hat, fasst sie einen Entschluss: „...kann nicht mehr leben als wär' nichts gescheh'n. Such' kein richtig oder falsch, ich hab' keine Kraft zum Streiten mehr.“ Sie lässt alles hinter sich. „This is time for letting go“, wie es im englischen Originaltext von „I Don't Wanna Fight“ heißt. Im Hintergrund hört man schon die Sprechchöre, die „Tina, Tina“ skandieren, man spürt, dass eine bessere Zukunft schon bevorsteht. Um die Weltkarriere der Solosängerin Tina Turner dreht sich dann der 2. Akt.

Dass speziell der 1. Akt eine immense Herausforderung für die Cast darstellt, leuchtet ein. Es geht nicht um eine fiktive Story, sondern um ein reales Leben. Katherine Hare: „Uns ist es sehr wichtig, die besondere Geschichte von Tina wahrheitsgemäß zu erzählen – mit all den Herausforderungen, die sie in ihrem Leben und ihrer Karriere überwinden musste. Unseren Darstellerinnen und Darstellern verlangt das eine unglaubliche körperliche und mentale Leistungsfähigkeit ab, damit sie ihre ganze Kraft in jeden Song, jede Choreographie und in jede Kampfszene hineinlegen können.“

Mit unglaublich starker Stimme und eindrucksvollem Spiel setzt Aisata Blackman mit dem Solo „Ich kann einfach nicht mehr streiten“ einen grandiosen Schlusspunkt unter den Besuch bei Tina & Co.

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Text: Sylke Wohlschiess
Fotos: Ulrich Hummel

„TINA - Das Tina Turner Musical“: Cast

Die weiblichen Rollen:

Aisata Blackman: Tina Turner
Kim Sanders: Zelma Bullock, Tinas Mutter
Anastasia Bain: GG
Martina Lechner: Rhonda
Jahlisa Norton: Alline, Tinas Schwester sowie eine der Ikettes

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Die Ikettes:

Naomi Dundas
Tatyana Gilbertson
Madina Frey

Die männlichen Rollen:

Carlos de Fries: Ike Turner
Trevor Jackson: Richard
Prince Orji: Reymond
Charles Mitchell: Craig
Chukwu Asante I: Ronnie
Florian Sigmund: Erwin Bach, Tinas späterer Ehemann
Matthias Posada: Roger
Dani Spampinato: Phil Spector
Nico Baumgartner: John Carpenter

Alternierende Besetzungen und Swings:

Charlotte Looman
Peti van der Verlde
Jessica Reese
Julie-Denize Hyangho
Lorena Grisales
Caroline Zins
Aswintha Vermeulen
Alice Wittmer
Yannick Dijk
Perci Moeketsi
Sacha Setubun
Stuart Pattenden
Nicolo Soller

„TINA - Das Tina Turner Musical“ ist ab 16. März 2023 im Apollo Theater in Stuttgart zu sehen.

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